KAUFÜBERLEGUNGEN
Nach Jahren der Segelabstinenz entschied ich mich in diesem Jahr, mir wieder ein Boot zuzulegen, aber es sollte jedenfalls keine Garage benötigen, leicht und schnell in jedes Revier mitzuführen sein und es sollte schließlich nicht allzu teuer sein.
Mit diesen Vorgaben kommt man zwanglos auf die Idee eines Schlauchbootes mit Besegelung und ich erinnere mich sehr gern an meine ersten Segelerfahrungen mit einem großen, gemütlichen Metzeler-Schlauchboot mit gigantischen Seitenschwertern und den Segeleigenschaften einer Doppelmatratze.
Seltsamerweise ist aber der Markt heute fast wie leergefegt, wenn man nach Schlauchboot +Besegelung googelt. Neben diversen alten Gurken habe ich dann aber nach mehreren Anläufen den Hinweis auf einen Catamaran mit aufblasbaren Rümpfen gefunden, eben den Happy Cat Ligth (HCL) von Grabner.
Ich gebe zu, dass ich anfangs etwas skeptisch war, ob so etwas technisch überhaupt machbar ist. Meine Catamaran-Erfahrungen erinnerten mich jedenfalls an harte Anforderungen an Stabilität und Technik. Letztlich überzeugten mich aber die Kompetenz und Seriösität, die sich Grabner mit seinen anderen vielfältigen Produkten im Markt erarbeitet hat. Die wenigen Testberichte schienen die Qualität des HLC s auch zu bestätigen, auch wenn es einer - offenbar auftragsgemäß - geschafft hat, bei Starkwind den Mast zu knacken. Aber auch und gerade diese Offenheit, ein solches Malheur auf der eigenen Website zu veröffentlichen, fand ich so Vertrauen erweckend, dass ich mich ohne Test und auch nur Besichtigung entschied, den HCL blind zu kaufen.
ERSTER TESTAUFBAU
Es kamen drei große Kisten und natürlich musste das Boot dann - draußen strömender Regen - im Wohnzimmer einmal testweise aufgebaut werden. Natürlich hatte ich in den Wochen vorher die aus dem Internet herunter geladene Aufbauanleitung verschlungen. Aber auch ohne diese Einarbeitung hätte ich das Boot sicher ebenso mühelos aufbauen können. Die Anleitung ist sehr leicht verständlich, alles passt und fügt sich nahtlos zusammen. Hilfreich war hier und da an den Metallzungen etwas Siliconspray. Alle Teile vermitteln einen sehr hochwertigen Eindruck, von der Verarbeitung der Rahmenteile mit sauberen Schweißnähten über die Mastteile bis hin zum Verklicker und zur kleinsten Curryklemme. Einfach genial, dass das ganze Boot mit nur drei Schraubverbindungen auskommt (Ruder und Klüverbaum) und der Rest nur gesteckt und aufgepumpt wird.
Meine ursprüngliche Sorge, bei einem Luftboot müsse man eben deutliche Konzessionen an die Stabilität machen, zerstreute sich völlig, als ich die Schwimmer auf die empfohlenen 0,3 bar aufgepumpt hatte. Alles sitzt stramm und stabil und vermittelt einen sehr soliden Eindruck. Sicher war es eine gute Idee, den Trampolinrahmen zum einzigen tragenden Element für Mast, Segel, Schwerter und Ruder zu machen. Die Schwimmer sorgen dann nur noch für den Auftrieb, wie der Name schon sagt.
Den erstmaligen Testaufbau zu Hause und ohne Hektik an einem Seeufer kann ich übrigens nur empfehlen, man hat einfach mehr Zeit und Ruhe zum Nachdenken, kann schon mal verschiedene Teile und Schoten vormontieren und spart dann Zeit.
TRANSPORT
Ich habe noch keine Taschen und wollte erst mal ausprobieren, ob es auch ohne geht.
Das Bild zeigt die Teile im Kofferraum eines Audi A6 Avant.
Es musste nur ein einzelner Sitz der Rückbank umgelegt werden, um Platz für die langen Alu-Teile zu machen.
Ich habe möglichst viele Teile mit Gummistropps zu Bündeln geschnürt und so verhindert, dass sie klappern und sich verkratzen.
AUFBAU
Der erste Aufbau am Ufer der Maas-Seenplatte war genauso problemlos wie im heimischen Wohnzimmer und wir haben zu zweit etwa 40 Minuten benötigt.
AUF DEM WASSER
Dann ging es los und bei wechselndem Wind von etwa 2-3 sprang der HCL spontan an und nahm Fahrt auf. Der erste Eindruck war: leicht und spritzig. Bei dieser für Binnenreviere häufigen Windstärke macht der HCL echten Segelspaß, man sitzt sehr bequem auf den Kissen, kann sich aber auch als 1,90 Mann vor das Kissen setzen und sich mit dem Rücken und den Ellebogen sehr bequem auf den Kissen abstützen. Dritte Variante: lang hinfläzen, Kopf auf das Kissen und lässig im Liegen segeln. Diesen Komfort bietet kein anderes Segelboot. Die Kissen sind also ein absolutes Must auf der Zubehörliste.
Mein erster Eindruck von der Stabilität der Konstruktion bestätigte sich beim Praxistest. Bei Wellen und bei stärkerem Wind merkt man natürlich, dass man kein starres Boot fährt, die Wellen werden abgefedert und der Lee-Schwimmer gibt etwas nach, wenn der Winddruck zunimmt und der Mast den Druck über den Trapezrahmen und die Wanten weitergibt. Im Ergebnis trübt das aber den Spaß in keiner Weise, ich fand ganz im Gegenteil sehr angenehm, dass der Rumpf die Wellen abfedert. Die harten Schläge eines starren Cats vermisse ich nicht wirklich. Die erste Wende, immer so eine Sache bei den Cats, gelang auch mit meiner ungeübten Vorschotfrau auf Anhieb, man muss nur wie sonst auch ordentlich Fahrt aufnehmen und die Fock bis zum entscheidenden Zeitpunkt lange genug dichthalten.
Gleiches gilt für die Halserei, sodass wir am Anfang auch zu Übungs- und Erziehungszwecken für die beste Ehefrau von allen etliche Vollkreise ins Wasser zauberten. Ich denke, die Drehfreudigkeit ist dem im Vergleich zu einem starren Cat sehr niedrigen Gewicht des HCL, dem hohen Auftrieb der Luftschwimmer und ihrem runden Querschnitt zu verdanken. Die Rümpfe tauchen nicht tief ein, der Cat schwimmt höher auf und bietet nicht soviel Wasserwiderstand.
Die Schwerter sind einfach zu bedienen und haben einen guten Wirkungsgrad, sodass der HCL auch gut Höhe läuft.
Die Geschwindigkeit konnte ich nicht messen, sie war aber subjektiv etwas geringer als die anderer Boote im Revier. Da ich es aber auch nicht darauf angelegt habe, eine Regatta zu gewinnen, sondern einfach nur erste Erfahrungen mit dem Boot sammeln wollte, war mir der Speed auch nicht so wichtig. Sicher ist aber, dass dieses Gerät das schnellste Gummiboot unter Segeln sein dürfte. Für den Spaßfaktor kann ich nur sagen, dass die Bequemlichkeit, das schnelle Anspringen und damit die leichte Handhabbarkeit des HCL aufgrund seiner geringen bewegten Masse im Gesamtbild überwiegt.
Am Nachmittag frischte der Wind dann deutlich auf und bescherte uns bei etwa 4 Windstärken mit heftigen Böen auch das Gefühl, jetzt gefordert zu werden. In den Böen hatte ich schon etwas Angst ums Material, der Klüverbaum arbeitete deutlich sichtbar, sodass ich dann die Fock um 1/4 mit der sehr gut funktionierenden Rollfock verkleinert habe. Vielleicht etwas übervorsichtig, aber ich muss erst mal mit dem Gerät vertraut werden. In diesen Grenzbereichen fühlt sich der HCL eindeutig nicht mehr wohl, das Boot arbeitet stark und man muss einfach zu sehr auf das Material achten.
MEIN FAZIT
Der HCL ist schnell und einfach auf- und abzubauen, er bietet echten Segelspaß in dem empfohlenen Bereich bis zu 4 Windstärken, ist aufgrund seiner geringen Masse leicht zu wenden und zu halsen, das Material ist solide und die Konstruktion überzeugt in jeder Hinsicht.
Unübertroffen ist die Bequemlichkeit an Bord und es gibt viel Platz. Das ideale Sport- und Fungerät zum Segeln und zum Sonnenbaden.