HAPPY CAT LIGHT

Film- und Fotoarbeiten in Südfrankreich im April 2006

 

Boot: GRABNER HAPPY CAT LIGHT

Bericht + Fotos: Gerd Kassel

 

Es ist Ostersamstag, der 15. April 2006. Ich sitze im Campingbus und höre Regentropfen aufs Hochdach trommeln. Die Fensterscheiben sind beschlagen, obwohl die TRUMA-Heizung auf Volldampf läuft. Aber das Rausschauen lohnt sich auch nicht. Der Himmel über dem Lac du Salagou im Südwesten Frankreichs ist eintönig grau und die umliegenden Bergkämme sind nebelverhangen. Samira, unsere 11-jährige Tochter, spielt im Regelnanzug und Gummistiefeln in den Sturzbächen, welche die rotbraunen Schotterhänge rund um den See zerfurchen. Ihr macht das schlechte Wetter nichts aus, aber mich macht es allmählich ungeduldig. Und meine Frau Astrid meckert rum, wenn ich mürrisch und schlecht gelaunt bin.

Seit einer Woche reisen wir mit unserem High-Tech-"Chaos-Mobil" und einem schwer beladenen Kanuanhänger durch die Südausläufer der Cevennen. Zuerst waren wir am Lac du Salagou, um schnell unseren Arbeitsauftrag - Anfertigen von Video-Clips und Katalogfotos des GRABNER-Segelkatamarans HAPPY CAT LIGHT - zu erledigen. Doch Pustekuchen! Das Wetter spielt nicht mit. Ein eisiger TRAMONTANA-Sturmwind bläst aus den noch schneebedeckten Pyrenäen kommend alle Frühlingsgefühle und Segelgelüste davon. Wir ziehen uns in die Berge des Hinterlandes zurück und fahren zum Orb, um Wildwasser zu paddeln. Doch auch hierbei kommt keine richtige Freude auf. Es ist einfach für die Jahreszeit zu kalt und stürmisch.

Wir warten also geduldig auf den Tag X mit warmer Sonne, strahlend blauem Himmel, weißen Wattewölkchen und frühlingshaften Temperaturen in frischgrüner, mediterraner Landschaft. Eine frische Brise lauen Windes dazu wäre nicht schlecht, muss aber zunächst nicht zwingend sein.

Der Tag X kam gestern auf Karfreitag 2006. Wir haben blitzschnell reagiert und sind noch donnerstags von unserem "Basislager" Tarrassac am Orb zum Lac du Salagou zurückgekehrt. Wir campieren hier nun "wild" direkt am See auf dem Gelände einer Segelschule. Der Chef Jean-Luc hat's uns erlaubt, nachdem Astrid ihm erklärt hat (nur sie spricht 3 Sätze französisch, er kein Wort deutsch oder englisch), dass sein Areal ein nahezu idealer Film- und Foto-Spot für GRABNER-Segelboote ist. Hierfür verzichten wir auf warme Duschen. Aber zur Kategorie der "Warmduscher" gehörten wir eh noch nie!

Der Karfreitag 2006 gehört zu den Tagen, wie meine Frau Astrid sie im Urlaub hasst. Ich gebe von morgens um 6 bis zum Sonnenuntergang um kurz nach 20 Uhr Vollgas. Davon sind sie und unsere Tochter Samira natürlich entscheidend mit betroffen. Sie sind bei dieser Film- und Foto-Session meine Modells - und unverzichtbar. In ein Paddelboot auf einem windstillen See, da kann man jeden "Hanswurst" (z.B. Agentur-"Blondinen") hineinsetzen. Die DISCOVERY-Fotoaktion 2005 war im Vergleich zur HAPPY CAT - FOTO- und FILMSESSION ein Kinderspiel. Beim Segeln braucht man Profis, um zu authentischen Bildergebnissen zu kommen. Deshalb müssen diesmal meine Frau und meine kleine Tochter dran glauben. Dafür darf Samira den HAPPY CAT LIGHT für sich als Kinder-Kat behalten.

Schon das Handling und der Aufbau eines Segelbootes erfordern Sachkenntnis, ganz zu schweigen vom Segeln selbst. Astrid und Samira sind weder Blondinen, noch doof, sondern geübte Seglerinnen und erfahren im Fotomodell spielen. Trotzdem: Es ist mühsam. OPTIMALES FOTO- und FILMLICHT hat man auch an schönen Tagen nur in den frühen Morgen- und späten Nachtmittagstunden. Dazwischen werden die Bilder fade und blaustichig. Also, wir haben nicht alle Zeit der Welt. Der erste schöne Tag seit langer Zeit - ausgerechnet KARFREITAG, der sonst traditionell verregnet ist - muss ausgenutzt werden. Das bedeutet Zeitdruck und Stress. Egal! Wer mit mir zu tun hat, und erst recht, wer mit mir lebt, der muss stressresistent sein! Wie dem auch sei: Am Abend des hektischen Tages haben wir etwa 70 % der benötigten Video-Sequenzen und Fotos im Kasten. Nur die Segelszenen sind zu kurz gekommen. Die kommen Morgen dran.

Doch heute ist Morgen! Es ist Ostersamstag und das Wetter ist wieder krass umgeschlagen. Es ist nass, grau, kalt und widerlich. Ich sitze im geheizten Campingbus am Laptop, schaue mir die Bildergebnisse des Vortages an und beginne mit dem Sortieren. Draußen knattert der unverzichtbare HONDA-Stromgenerator. Er liefert den Strom für die Foto- und Filmkameras, den Laptop und die 2 großen Versorgungsbatterien unseres Campingbusses. Wir bleiben all die Arbeitstage hier an der optimal gelegenen Segelbasis des Lac du Salagou "wild" stehen.

Dann ist Ostersonntag. Ich krieche morgens um sechs aus dem warmen Schlafsack und erwarte eigentlich wieder einen hässlichen Regentag. Doch als ich zum Busfenster rausschaue, bin ich wie elektrisiert. Keine Wolke am Himmel! Im Osten wird es schon strahlend hell und in einer Stunde wird das morgendliche Sonnenlicht die frühlingshafte Landschaft rund um den Lac du Salagou durchfluten und das Wasser des Segelreviers von grau in blau verändern. Jetzt oder nie! Heute wird ein HAPPY CAT-Segeltag! Ich wecke meine beiden "Fotomodells", die von meiner Begeisterung nicht sofort angesteckt werden. Doch als ich Kaffee aufsetze, der feuchtkalte Bus nach ihm duftet, Samira ihren heißen Osterkakau bekommt und die aufgehende Sonne ihre ersten, wärmenden Strahlen sendet, da reißen wir die Bustür auf und sind guter Dinge. Heute riecht der Tag so richtig herrlich nach Frühling. Um uns rum blüht leuchtendgelber Ginster, der optimal zum Blau des Himmels passt!

Direkt am Wasser steht unsere Bierzelt-Garnitur mit 2 Bänken und einem Tisch. Hier nehmen wir unser Osterfrühstück mit tags zuvor frisch gefärbten Ostereiern zu uns und warten auf Wind! Der HAPPY CAT LIGHT steht segelfertig neben uns. Doch zunächst ist der See so glatt wie ein Spiegel. Angler ziehen lautlos mit ihren Booten über die Wasserfläche, die sich dann doch von Westen her zu kräuseln beginnt. Idealer Anfängerwind! Los geht's! Der Kat wird auf den Slipwagen gehievt und im Seglerhafen ins Wasser geschoben. Ich tänzele mit Stativ, Video-Camcorder und Spiegelreflexkamera um Astrid und Samira herum, und versuche alles auf dem laufenden Band und in Standbildern festzuhalten. Zum Glück sind wir an diesem frühen Ostermorgen ganz allein auf der Segelbasis. Zuschauer bei unserer Film- und Fotosession wären mir peinlich gewesen. Zumal nicht alles auf Anhieb so klappt, wie es sollte und meine lautstarken Kommandos an die Modells verdammt laut übers Wasser schallen.

Nachdem der Wind zunächst schwach weht, nimmt er später zu, so auf etwa 4 BF in den Böen. Ich lade Samiras kleine Freundin Marie ein, mit zu segeln. Sie wird in einen Neoprenanzug und in eine Kinderschwimmweste gesteckt. Es macht mir Spaß, dem Frauen-Power-Segelboot beim harten Segelsport zuzuschauen. Ich vergesse prompt das Filmen und Fotografieren. Der HAPPY CAT LIGHT erweist sich als gutmütiges, leicht zu segelndes, kippstabiles, drehfreudiges Anfänger- und Familiensegelboot.

Ostermontag kehrt nicht das schlechte Wetter, aber der knochenharte TRAMONTANA mit 5 - 7 Windstärken zurück. Nach einem kurzen Segeltest wird klar: Mit Starkwind und hohen Wellen kommt der HAPPY CAT LIGHT nicht mehr klar! Es besteht die Gefahr, dass das Rigg beschädigt wird - und darauf wollen wir es nicht ankommen lassen. Das Boot soll unserer Tochter als Jugend-Kat erhalten bleiben. Auf Gewässern mit mäßigem Wind wie unserem "Haus"-See, der Krombachtalsperre im Westerwald.

Bei Windstärke 8 verpacken wir das Boot ohne Windschutz in die 3 Taschen. Gelegentlich müssen wir davonfliegenden Teilen hinterher jagen. Dann ist alles wieder in den beiden Staukästen unseres Anhängers untergebracht und wir flüchten zum Paddeln in die Gorges du Tarn.